Was ist Inkontinenz? (Definition)
Menschen mit Inkontinenz (lat. incontinentia „Nichtverhalten [als Unvermögen]“) können ihren Blasen- und/oder Darmtrakt nicht sicher kontrollieren. Das heißt, sie haben Schwierigkeiten ihren Urin oder Stuhl zu halten. Mediziner unterscheiden daher auch zwischen Harn- und Stuhlinkontinenz. In diesem Beitrag geht es um Harninkontinenz. Erfahren Sie mehr über Stuhlinkontinenz in unserem Beitrag „Aponova-Lexikon: Stuhlinkontinenz“.
Was sind die Anzeichen von Harninkontinenz bei Männern? (Symptome)
Woran Menschen eine Inkontinenz erkennen, hängt auch davon ab, welche Form der Blasenschwäche vorliegt. Eine Übersicht:
- Bei der Belastungsinkontinenz kommt es zu einem unwillkürlichen Urinverlust, sobald sich der Druck im Bauchraum erhöht – etwa durch Anheben oder Tragen von schweren Gegenständen, Lachen, Husten oder Niesen. Oft verlieren die Betroffenen nur sehr wenig Urin (ein paar Tropfen), möglich ist jedoch auch ein Urinverlust im Strahl. Typischerweise verspüren die Betroffenen keinen Harndrang, bevor sie den Urin ungewollt verlieren.
- Bei der Dranginkontinenz kommt es zu einem plötzlich einsetzenden, übermäßig starken Harndrang, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist. Diesen starken, manchmal gar „überfallartigen“ Harndrang können die Betroffenen nicht halten und es kommt zum Urinverlust.
- Bei der Mischinkontinenz treten Symptome der Belastungsinkontinenz zusammen mit denen der Dranginkontinenz auf.
- Bei der Überlaufinkontinenz läuft die volle Blase quasi über und es treten ständig kleine Urinmengen aus. Betroffene haben daher oft das Gefühl, dass es „tröpfelt“.
- Bei der Reflexinkontinenz spüren Betroffene nicht mehr richtig, wann ihre Blase gefüllt ist und können daher auch die Entleerung nicht mehr steuern. In der Folge entleert sich die Blase für gewöhnlich in unregelmäßigen Abständen – meist jedoch nicht vollständig.
- Bei der extraurethralen Inkontinenz verlieren die Betroffenen ständig Urin. Die Ursache hierfür liegt außerhalb der Harnwege – das heißt, der Urinabgang erfolgt durch andere Öffnungen als die Harnröhre (lat. urethra, von griech. ουρήθρα ourḗthrā „Harnröhre“; lat. extra „außerhalb“). Gründe hierfür sind häufig angeborene oder erworbene Fehlbildungen. Eine weitere mögliche Ursache bei Frauen sind sogenannte Blasen-Scheiden-Fistel, also ungewollte Verbindungen zwischen Blase und Scheide, hervorgerufen durch Unfälle oder nach gynäkologischen Operationen. Die extraurethrale Inkontinenz wird daher auch als „absolute Inkontinenz“ bezeichnet.
Wie entsteht Harninkontinenz bei Männern? (Ursachen)
An der Kontrolle unseres Harn- und Stuhldrangs sind nicht nur Muskeln und Nervenverbindungen des Beckenbodens beteiligt, sondern auch bestimmte Regionen in Gehirn und Rückenmark. Inkontinenz kann daher verschiedene Auslöser und Ursachen haben.
- Das Alter
Ab dem 20. Lebensjahr nimmt die Muskelmasse im Körper für gewöhnlich ab. Das betrifft auch die des Beckenbodens, wodurch das Risiko steigt, ungewollt Urin zu verlieren. Da die Muskeln des unteren Harntrakts mit den Jahren an Elastizität verlieren, fällt es vielen Frauen mit zunehmendem Alter auch immer schwerer, ihre Blase vollständig zu entleeren. So bleibt häufig ein Restharn zurück und das Risiko einer Überlaufinkontinenz steigt.
- Schwachstelle Prostata
Im Alter vergrößert sich bei Männern für gewöhnlich die Prostata. Diese organische Veränderung ist in der Regel harmlos, erhöht jedoch das Risiko, eine Belastungsinkontinenz zu entwickeln. Denn je größer die Prostata, desto stärker drückt sie auf Blase und Harnröhre. Muss die Prostata operativ entfernt werden – etwa wegen eines Tumors – steigt das Inkontinenzrisiko ebenfalls. Der Grund: Durch die Operation können im Beckenbodenraum versehentlich Nerven und Muskeln beschädigt werden, die für die Kontrolle der Blase zuständig sind.
- Übergewicht
Das zusätzliche Gewicht erhöht den Druck auf den Bauchraum. Die Folge: Die Beckenbodenmuskulatur wird stärker belastet, das Körpergewicht drückt Blase und Harnröhre nach unten und das Risiko einer Belastungsinkontinenz steigt.
- Neurologische Erkrankungen
Für die Regulation unserer Blasenentleerung ist unter anderem das Miktionszentrum im Gehirn verantwortlich. Durch Erkrankungen wie Alzheimer, einen Schlaganfall oder Parkinson wird häufig Hirngewebe zerstört – und das beeinflusst die Kontrolle des Miktionszentrums. Auch Erkrankungen des Rückenmarks sowie Multiple Sklerose oder Tumore können Einfluss auf die Blasenfunktion haben – ebenso wie eine Querschnittslähmung.
- Medikamente
Insbesondere blutdrucksenkende Arzneimittel, harntreibende Präparate oder Psychopharmaka scheinen die Kraft des Blasenmuskels zu schwächen.
Wie wird Blasenschwäche behandelt? (Therapie)
Die Art der Behandlung hängt auch davon ab, welche Art der Inkontinenz vorliegt. Aus diesem Grund lassen sich auch keine pauschalen Therapieempfehlungen geben. Dinge, die helfen können, sind:
- Lebensstil ändern
Wer unter Belastungsinkontinenz leidet, kann beispielsweise versuchen, das Heben schwerer Gegenstände zu meiden und auf harntreibende Getränke wie Kaffee und schwarzen Tee zu verzichten. Wer chronischen Husten oder immer wieder Blasenentzündungen hat, sollte diese behandeln lassen.
Vorsicht: Nicht gut ist es, einfach weniger zu trinken. Denn um gut zu funktionieren, braucht Ihr Körper Flüssigkeit.
Tipp: Sogenannte Miktionsprotokolle können Ihnen helfen, Strategien zu entwickeln, um im Alltag besser mit der Inkontinenz umzugehen. Hierfür notieren Sie Trinkzeiten und -mengen, die Uhrzeiten, wann Sie auf Toilette müssen, und auch, wie viel Urin Sie wann ungewollt verlieren. Die Notizen können Ihnen dabei helfen, Toilettengänge gezielter einzuplanen und mit Ihren geplanten Aktivitäten abzustimmen.
- Gewicht reduzieren
Wer sein Übergewicht reduziert, entlastet oft auch Harnröhre und Blase. Wer abnimmt, sollte jedoch darauf achten, trotzdem genug zu trinken. Denn konzentrierter Urin reizt die Blase und kann dadurch den Harndrang verstärken.
- Beckenbodentraining
Mit gezielten Übungen können nicht nur Frauen ihre Beckenbodenmuskulatur stärken. Die Übungen werden in der Regel im Rahmen einer Physiotherapie erlernt. Wichtig ist es jedoch, zu Hause weiter zu trainieren.
Hinweis: Mit regelmäßigem Beckenbodentraining können Sie einer Belastungsinkontinenz auch vorbeugen. Empfehlenswert sind zudem alle Sportarten, die den Beckenboden entlasten oder stärken. Dazu gehören beispielsweise Radfahren, Schwimmen, (Nordic) Walking und Yoga. Ungünstig sind hingegen Übungen, die ihre Blase – etwa durch Springen – „nach unten“ pressen. Tennis, Squash, Karate, Reiten und Jogging sollten Menschen mit Inkontinenz daher eher meiden.
- Medikamente
Zur Behandlung der Drang- oder Belastungsinkontinenz helfen beispielsweise Medikamente der Stoffgruppe Anticholinergika. Sie entspannen den Blasenmuskel und dämpfen dadurch den Harndrang. Bei Belastungsinkontinenz hat sich auch der Wirkstoff Duloxetin bewährt. Anfangs verursacht er zwar häufig Nebenwirkungen, etwa Übelkeit, in der Regel verschwinden diese aber nach gut zwei Wochen wieder. Eine hyperaktive Blase (Reflexinkontinenz) kann zudem mit muskelentspannenden Medikamenten behandelt werden. Bei der Überlaufinkontinenz werden Arzneimittel der Stoffgruppe Cholinergika empfohlen. Sie helfen, den Blasenmuskel zu aktivieren.
Hinweis: Natürlich geht es auch anders herum. Das heißt, die Inkontinenz kann auch die Nebenwirkung eines Medikamentes sein. In diesem Fall lohnt es sich, ärztlichen Rat einzuholen. Vielleicht können Sie das Medikament wechseln.
- Hilfsmittel
Dazu gehören etwa spezielle Vorlagen in verschiedenen Saugstärken, Einmalschlüpfer mit eingearbeiteter Vorlage oder sogenannte Urinalkondome. Bei einer Reflexinkontinenz müssen manche Betroffene auch lernen, ihren (Rest-)Harn über einen Katheter abzuleiten. In der Fachsprache nennt man dies „intermittierender Selbstkatheterismus“. Allgemein wird bei Hilfsmitteln bei Harninkontinenz zwischen aufsaugenden, ableitenden und funktionell-anatomischen Inkontinenzprodukten unterschieden. Mehr hierzu erfahren Sie im Beitrag „Harninkontinenz: Das richtige Hilfsmittel finden“.
Hinweis: Normale Monatsbinden sollten Sie lieber nicht verwenden. Sie speichern meist nicht genug Flüssigkeit. Das ist nicht nur unangenehm, sondern führt oft auch zur Geruchsbildung.
- Operation
Hier gibt es unterschiedliche Operationsmethoden. Bei anhaltender Belastungsinkontinenz kann beispielsweise ein künstlicher Blasenschließmuskel helfen. Die Entleerung des Harns erfolgt dann mit Hilfe einer im Hodensack liegenden Pumpe.