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Stoma

Über 160.000 Menschen in Deutschland tragen ein sogenanntes Stoma. Die Gründe, warum sie einen künstliche Darmausgang oder eine Harnableitung brauchen, sind vielfältig. Die meisten Stomaoperationen sind jedoch die Folge einer Krebserkrankung im Alter von 60 bis 70 Jahren. Erfahren Sie mehr über Ursachen, Versorgungssysteme und Kostenerstattung.

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Was ist ein Stoma? (Definition)

Als Stoma bezeichnen Ärzte einen künstlichen Darmausgang oder eine künstliche Harnableitung. Mit anderen Worten: Eine nach einer Operation künstlich geschaffene Körperöffnung (griech. „Mund“ oder „Öffnung“). Hierfür wird ein kleines Stück des Dick- oder Dünndarmes oder der Harnleiter nach außen auf die Hautoberfläche gelegt. Stuhl und/oder Urin scheiden die Betroffenen dann nicht mehr auf natürlichem Wege aus, sondern sie werden über das Stoma nach außen abgeleitet. Der Darminhalt oder der Urin werden dabei in einem an der Stomaöffnung befestigten Beutel aufgefangen.

Hinweis: Manchmal wird der „künstliche Darmausgang“ auch als „Anus praeter“ oder „Enterostoma“ bezeichnet. Zudem gibt es verschiedene Arten von Stomata – etwa das Colostoma (Dickdarmausgang), das Ileostoma (Dünndarmausgang) oder das Urostoma (Harnableitung). Mehr dazu lesen Sie in unserem „Kurz erklärt: Die 3 häufigsten Stomaarten“.

Warum brauchen Menschen ein Stoma? (Ursachen)

Zu den häufigsten Ursachen gehören Krebserkrankungen des Darms oder der Blase. Da von Darm- und Blasenkrebs häufig ältere Menschen betroffen sind, ist ein Großteil der Stomaträger über 60 Jahre alt. Aber auch chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa können die Anlage eines Stomas erforderlich machen. Ein Überblick über zugrundeliegende Erkrankungen (Grunderkrankungen) und Störungen:

Krebserkrankungen

  • Darmkrebs

Bei Darmkrebs unterscheiden Ärzte zwischen Dickdarm- (Colonkarzinom) und Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom). Beim Colonkarzinom können die meisten Betroffenen kontinenzerhaltend operiert werden. „Kontinenzerhaltend“ bedeutet, dass die Patienten kein Stoma brauchen und der natürliche Darmausgang erhalten bleiben kann. Muss der Darm teilweise entfernt werden, legt der Operateur häufig ein vorübergehendes Stoma, um die durch die Operation entstandene Darmnaht zu entlasten. Ob Menschen mit einem Rektumkarzinom ein Stoma benötigen, hängt vor allem davon ab, wie groß der Tumor ist und wie dicht er am Schließmuskel sitzt. Können die Chirurgen den Schließmuskel und einen Teil des Mastdarms erhalten, brauchen die Betroffenen meist nur ein vorübergehendes Entlastungsstoma. Muss der Schließmuskelapparat hingegen vollständig entfernt werden, ist eine Stomaanlage meist unumgänglich. Betroffene erhalten dann in der Regel eine sogenannte Colostomie, ein Dickdarmstoma. Im Dünndarm kommen Tumore sehr selten vor. Bei ihnen reicht in der Regel ein (vorübergehendes) Stoma.

  • Blasenkrebs

Brauchen Menschen eine künstliche Harnableitung, ist das in der Regel die Folge eines Harnblasenkarzinoms. Ob Menschen mit Blasenkrebs ein Stoma benötigen, hängt wie beim Darmkrebs auch von der Lage und Größe des Tumors ab. Oberflächliche Harnblasenkarzinome können oft endoskopisch, also von innen heraus abgetragen werden. Manchmal ist der Tumor jedoch auch so groß, dass die Blase komplett entfernt werden muss (radikale Zystektomie). In diesem Fall ist eine künstliche Harnableitung meist unumgänglich. Betroffenen wird dann entweder eine Urostomie gelegt, bei der der Urin über die Bauchdecke abgeleitet wird, oder sie erhalten eine sogenannte Harnleiter-Darm-Implantation. Bei dieser erfolgt die Ableitung über den Darm. Können die Chirurgen Harnröhre und Blasengrund erhalten, kann aus den restlichen Darmteilen auch ein sogenanntes Reservoir konstruiert werden. Mit diesem Blasenersatz (Neoblase) können Betroffene ganz natürlich auf Toilette gehen.

  • Krebserkrankung der Nachbarorgane

In seltenen Fällen kann eine Stomaanlage auch durch eine Krebserkrankung von Gebärmutter oder Nieren notwendig werden, oder wenn der Darm durch eine Strahlentherapie nachhaltig geschädigt wurde.

Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen

  • Colitis ulcerosa

Die Colitis ulcerosa ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Dickdarms. Lässt sich die Erkrankung nicht mittels Medikamenten und/oder Psychotherapie in den Griff bekommen, kann es notwendig werden, den Dickdarm zu entfernen. Ist der Schließmuskel durch die Entzündung noch nicht geschädigt, kann häufig stomavermeidend operiert werden. In diesem Fall bekommen die Betroffenen einen sogenannten ileoanalen Pouch. Der Pouch (englisch = Beutel, Tasche) ist ein innerliches Stuhlreservoir. Es wird aus Teilen des Dünndarms gebildet, dann mit dem Schließmuskel verbunden und ermöglicht den Betroffenen, ihren Stuhl auf natürlichem Weg auszuscheiden. Zur Entlastung der Darmnähte legen die Chirurgen in der Regel ein vorübergehendes Entlastungsstoma.

  • Morbus Crohn

Morbus Crohn ist eine chronisch entzündliche Darmerkrankung, die den gesamten Magen-Darm-Trakt betreffen kann. Ob die Betroffenen ein Stoma brauchen, hängt auch davon ab, in welchem Teil des Verdauungstrakts die Entzündung auftritt und wie stark diese ist. Sind nur Teile des Darms betroffen, kann es reichen, einzelne Segmente herauszuoperieren und zur Entlastung der Naht ein vorübergehendes Entlastungsstoma zu legen. Ist hingegen der Enddarm betroffen und/oder haben sich dort Fisteln gebildet (schmerzhafte Schwellungen zwischen inneren Organen), kann es sein, dass der Schließmuskel entfernt und ein Stoma gelegt werden muss. Das Gleiche gilt für am Enddarm sitzende Abszesse (Eiteransammlung).

  • Divertikulitis

Die Divertikulitis ist eine Erkrankung des Dickdarmes, bei der sich die Aussackungen der Darmwand (Divertikel) entzündet haben. Hierdurch können sich Abszesse bilden, oder es kommt zur Perforation, zum Darmdurchbruch. Zur Behandlung der Divertikulitis ist in der Regel eine Therapie mit Medikamenten ausreichend. Bildet sich die Entzündung nicht zurück, kann es jedoch passieren, dass der befallene Darmteil entfernt werden muss. Dies ist jedoch sehr selten und das Stoma, das in solchen Fällen angelegt wird, ist meist nur vorübergehend.

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Erblich bedingte Erkrankungen

  • Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP)

Die sogenannte Familiäre Adenomatöse Polyposis (FAP) ist eine vererbbare Krankheit, durch die sich im Dickdarm eine Vielzahl von Polypen bilden können. Polypen sind pilzförmige Geschwülste, die mitunter zu bösartigen Tumoren entarten. Um eine Krebserkrankung zu verhindern, werden die Polypen in der Regel (oft zusammen mit dem Dickdarm) prophylaktisch entfernt. Durch die frühzeitige Operation kann der Schließmuskel meist erhalten bleiben und aus dem Dünndarm wird ein ileoanaler Pouch konstruiert. Bis die Darmnähte verheilt sind, legen die Chirurgen meist ein vorübergehendes Stoma zur Entlastung. Kann der Schließmuskel nicht erhalten bleiben, ist in der Regel ein Ileostomie (Dünndarmstoma) notwendig.

Weitere Ursachen

Andere Erkrankungen, die die Anlage eines Stomas notwendig machen können, sind:

  • Schwere Stuhl- oder Harninkontinenz
  • Neurogene Blasenentleerungsstörungen – etwa, weil durch eine Schädigung des Rückenmarks die Nervenverbindungen der Harnblase gestört sind.
  • Schrumpfblase, also eine verkleinerte Harnblase, deren Blasenwand sich nicht mehr richtig dehnen lässt. Eine Schrumpfblase wird in der Regel im Laufe des Lebens erworben, etwa in Folge von Blasenkrebs oder einer nicht ausgeheilten beziehungsweise chronisch gewordenen Blasenentzündung (Zystitis).
  • Verletzungen von Darm oder After, etwa nach einer Strahlentherapie oder durch traumatisierende Sexualpraktiken
  • Seltene Erkrankungen, die die Darm- oder Blasenfunktion nachhaltig stören

Ob eine Colostomie, Ileostomie oder Urostomie angelegt wird, hängt davon ab, ob durch die Erkrankung Organe geschädigt sind beziehungsweise entnommen werden mussten. Kurz gesagt: Ob und inwieweit die Darmfunktion noch intakt ist. In einigen Fällen – etwa bei einer Schrumpfblase oder wenn Darm oder After verletzt wurden – lässt sich die Darmfunktion mit der Zeit meist wiederherstellen. In diesen Fällen kann das Stoma also wieder zurückverlegt, also entfernt werden.

Hinweis: Manchmal benötigen bereits Baby direkt nach der Geburt ein Stoma. Etwa, wenn sie mit einer angeborenen Fehlbildung des Mastdarmes, Afters (Atresien, Morbus Hirschsprung) oder der Blase (Blasenekstrophie) zur Welt kommen. Auch die sogenannte Spina bifida, eine angeborene Fehlbildung der Wirbelsäule und des Rückenmarks (offener Rücken), kann eine Stomaoperation schon im Kindesalter erforderlich machen.

Wer übernimmt die Kosten für die Stomaversorgung?

Wieder zu Hause erhalten Stomaträger die nötigen Stomaartikel – etwa Auffangbeutel und Hautschutz – im Sanitätsfachgeschäft oder von Homecare-Unternehmen, also Unternehmen, die sich auf die häusliche Versorgung von Patienten spezialisiert haben. Je nach Lage und Art des Stomas unterscheiden sich auch die Versorgungssysteme.

Die Kosten für die Hilfsmittel werden grundsätzlich in der individuell benötigten Menge von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Stomaversorgungen werden vom behandelnden Arzt verordnet. Je nach Krankenkasse kann dieses Rezept monatlich, vierteljährlich oder halbjährlich ausgestellt werden.

Ab dem 18. Lebensjahr müssen Stomapatienten zehn Prozent, maximal zehn Euro je Monat für ihre zum Verbrauch bestimmten Hilfsmittel zuzahlen. Der Anspruch von gesetzlich Versicherten auf die notwendige Versorgung mit Hilfsmitteln ist im Sozialgesetzbuch (SGB) V geregelt.

Mehr erfahren: Worauf Menschen mit Stoma im Alltag achten sollten, können Sie in unseren FAQs zur Stomaversorgung nachlesen.

 

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Was ist eine Stomaversorgung? (Therapie)

Durch die Anlage eines Stomas geht die sogenannte Kontinenz verloren – unsere Fähigkeit, den Stuhlgang und die Ausscheidung von Urin für eine gewisse Zeit zurückhalten und den Ausscheidungsvorgang willentlich auslösen zu können. Stomaversorgungen gleichen diesen Nachteil aus.

Grundsätzlich besteht eine Stomaversorgung immer aus einem Hautschutz, um die Haut am Stoma vor Stuhl oder Urin zu schützen, und aus einem Beutel. In diesem werden die Ausscheidungen geruchsdicht aufgefangen, bis der Inhalt des Beutels in der Toilette landet. Zusätzlich benötigt der Patient verschiedene Hilfsmittel zum Wechseln der Stomaversorgung, etwa Kompressen zum Reinigen der Haut, Entsorgungstüten oder Kleberlösungsmittel zum Entfernen der Haftplatte.

Die erste Stomaversorgung findet direkt im Operationssaal statt. In den ersten Tagen nach dem Eingriff kümmert sich dann eine ausgebildete Pflegekraft (Stomatherapeut/in) um die Versorgung und erklärt dem Patienten, worauf er beim Säubern des Stomas und/oder beim Wechseln des Versorgungsmaterials achten muss.

Tipp: Der Klinikaufenthalt nach der Operation dauert oft nur wenige Tage. Für Menschen, die ein Stoma bekommen haben, kann daher der Aufenthalt in einer Rehaklinik, die sich auf die Betreuung von Stomaträgern spezialisiert hat, hilfreich sein. Dort können Betroffene unter anderem verschiedene Versorgungssysteme ausprobieren und das Wechseln der Stomaversorgung unter professioneller Anleitung üben.

Weiterführende Informationen:

Deutsche ILCO, die Selbsthilfevereinigung für Stomaträger und Menschen mit Darmkrebs sowie deren Angehörigen: www.ilco.de

Selbsthilfegruppen (NAKOS): www.nakos.de

Stoma-Welt.de – das Selbsthilfeportal für Stomaträger: www.stoma-welt.de

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