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Dekubitus

Jedes Jahr entwickeln in Deutschland 460.000 Menschen einen Dekubitus. Das Problem: Viel zu oft wird ein solches Wundgeschwür zu spät erkannt. Erfahren Sie mehr über Ursachen, Symptome und Therapie.

Was ist ein Dekubitus? (Definition)

Ein Dekubitus ist ein Druckgeschwür. Definiert wird es laut EPUAP-Leitlinie als Schädigung der Haut und/oder des darunter liegenden Gewebes, infolge von langanhaltendem Druck und Reibung. Die Folge: Der Blutfluss ist eingeschränkt und das Gewebe wird nicht ausreichend mit Sauerstoff sowie Nährstoffen versorgt.

Prinzipiell kann ein Dekubitus überall entstehen. Am häufigsten treten Druckgeschwüre jedoch da auf, wo Knochenvorsprünge dicht unter der Haut liegen. Betroffen sind vor allem bettlägerige Menschen, die sich nicht ausreichend bewegen können.

Wie sieht ein Dekubitus aus? (Schweregrade)

Welche Symptome bei einem Dekubitus auftreten, hängt vom Zustand der Wunde ab. Klassisch wird ein Dekubitus in vier Schweregrade eingeteilt. Wesentlich geht es dabei darum, wie tief er ins Gewebe reicht:

  • Grad I: Die Haut ist noch intakt. Sichtbar ist eine scharf begrenzte dauerhafte Hautrötung, die auch bei Druckentlastung nicht verschwindet. Zur Überprüfung dieses Alarmsignals kann Ihnen der Fingertest schnell Aufschluss darüber geben, wie die Rötung einzuschätzen ist.
  • Grad II: Die Hautrötung verändert sich zu einer offenen Stelle oder es kommt zur Blasenbildung. Der Defekt betrifft die oberflächlichen Hautschichten.
  • Grad III: Es ist eine tiefe Wunde entstanden, alle Hautschichten sind zerstört. Teilweise kann das Gewebe abgestorben sein und es bilden sich schwarze Belege (Nekrosen).
  • Grad IV: In dieser (finalen) Phase sind auch tiefer liegendes Gewebe, sowie Muskeln, Gelenke, Sehnen und Knochen betroffen.

Zudem können Betroffene unter begleitenden Symptomen leiden: Juckreiz, (starke) Schmerzen im Bereich der angegriffenen Region, schließlich sogar eine Wundinfektion, die zur Blutvergiftung (Sepsis) führen kann.

Grafik mit den Stadien eines Dekubitus
© Alamy

Wie entsteht ein Dekubitus? (Ursachen und Risikofaktoren)

Drei Faktoren sind für die Ausbildung eines Druckgeschwürs maßgeblich:

  • das Ausmaß des Drucks auf eine Hautpartie
  • die Zeitspanne, in der dieser Druck auf die Hautstelle einwirkt
  • sonstige innere und äußere Risikofaktoren

Sitzen oder liegen Sie oder die zu pflegende Person permanent in der gleichen Position, drückt das eigene Körpergewicht zu lange auf die gleiche Stelle. Schon wenige Stunden in der gleichen Position können zu einem Dekubitus Grad I führen.

Warum liegt sich dann nicht jeder Mensch in der Nacht wund? Der gesunde Körper löst bei zu langem Druck auf eine betroffene Körperstelle einen Reflex aus – wir bewegen uns und verändern die Liegeposition. Dadurch wird die gefährdete Stelle entlastet und wieder ausreichend durchblutet.

Neben den Faktoren Druck und Zeit sind Menschen durch individuelle innere und äußere Risikofaktoren zusätzlich gefährdet:

Äußere Risikofaktoren Innere Risikofaktoren
Scherkräfte und Reibung höheres Alter
Feuchtigkeit durch Inkontinenz oder Schwitzen Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus, Schlaganfall, Durchblutungsstörungen
Medikamente Über- oder Untergewicht
falsche Lagerung des Betroffenen eingeschränkte Mobilität oder Bettlägerigkeit
mangelnde Hygiene unzureichende Ernährung
mangelhafte Hebe- und Mobilisierungstechnikenschlechter Allgemeinzustand
Medikamente

Ob und wie schnell ein Dekubitus entsteht, hängt also von der allgemeinen körperlichen Verfassung ab und den individuellen Risikofaktoren ab.

Welche Körperstellen sind vor allem gefährdet? (Entstehungsorte)

Besonders exponiert sind Stellen, an denen die Haut direkt über dem Knochen liegt und nur wenig Fettgewebe oder Muskeln sie schützen können. Je nach Sitz- oder Liegeposition weisen folgende Körperregionen ein erhöhtes Dekubitusrisiko auf:

Grafik mit Menschenkörper, auf dem gefährdete Körperstellen für Dekubitus markiert sind.
© Aponova Home & Care GmbH

Wie wird ein Dekubitus behandelt? (Therapie)

Im Anschluss an die Wundanamnese (die erste Beschreibung und Beurteilung der Wunde) folgt die Behandlung des Druckgeschwürs. Die Therapie besteht aus zwei Teilen: der fachgerechten Versorgung des lokalen Druckgeschwürs (Lokaltherapie) und der Behandlung der auslösenden Faktoren (Kausaltherapie).

Lokaltherapie

Grundsätzlich sollte ein Arzt die Therapie eines bestehenden Dekubitus festlegen und begleiten. Die therapeutische Behandlung der Wunde (Verbandswechsel, Dokumentation des Heilungsverlaufes, Organisation von Wundmaterialien) können durch ausgebildete Wundtherapeuten oder Wundmanager geschehen. Die Behandlung kann auch in sogenannten Wundzentren erfolgen.

Die passende Wundbehandlung richtet sich nicht nur nach dem Schweregrad, sondern auch nach der auslösenden Grunderkrankung:

  • So lange der Dekubitus geschlossen ist (Schweregrad I), reicht eine Versorgung mit einem sterilen Verband aus, der die Druckstelle abdeckt.
  • Offene Druckgeschwüre (Grad II und III) werden entsprechend der entsprechenden Wundheilungsphase behandelt.
  • Chronische Wunden wie ein Dekubitus erfordern eine phasengerechte feuchte Wundbehandlung. Spezielle Wundauflagen, etwa ein sogenannter Hydrokolloidverband sorgen für einen optimalen Heilungsprozess und verhindern das Verkleben des Druckgeschwürs mit dem Verband.
  • Haben sich bereits Nekrosen (abgestorbenes Gewebe) gebildet, müssen diese entfernt werden, da sie die Wundheilung behindern und zu Infektionen führen können. Dazu wird in der Regel ein chirurgischer Eingriff vorgenommen. Kleinere Nekrosen können durch Alternativtherapien (siehe Beitrag Maden als lebendige Wundhelfer) beseitigt werden.

Kausaltherapie

Zur Kausaltherapie zählen insbesondere diese Faktoren:

  • Druckentlastung: Unabhängig vom Grad der Ausprägung gilt: Sorgen Sie für eine völlige Druckentlastung der betroffenen Hautpartie – durch Bewegung, wechselnde Positionierung und Nutzung geeigneter Hilfsmittel zur gezielten Lagerung bei Bettlägerigkeit.
  • Behandlung der Grunderkrankung: Erkrankungen, die Einfluss auf die Wundheilung nehmen, müssen unbedingt mittherapiert werden! Bei einem Diabetes mellitus muss der Blutzucker richtig eingestellt werden. Auch eine bestehende Durchblutungsstörung muss behandelt werden.
  • Ernährung: Unterstützt wird die Wundheilung auch durch eine gute und ausgewogene Ernährung mit ausreichend Mineralstoffen und Vitaminen. Und: Achten Sie auf Ihr Gewicht – Über- oder Untergewicht erhöhen das Dekubitusrisiko.

Wichtig:

  • Die Behandlung eines Dekubitus ist sehr schwierig und dauert lange. Besser ist es daher, mit gezielter Dekubitusprophylaxe ein Wundliegen von vornherein zu verhindern.
  • Je früher ein Dekubitus erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen.
  • Schmerzen im Zusammenhang mit dem Dekubitus können medikamentös gelindert werden. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt.
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