Start Ratgeber Ratgeber Ernährungstherapie Ein Baby bloggt über sein Leben mit Sonde

Ein Baby bloggt über sein Leben mit Sonde

Als Elai im Sommer 2013 auf die Welt kommt, diagnostiziert sein Arzt eine Ösophagusatresie, eine Fehlbildung der Speiseröhre. Der Junge muss deshalb von Geburt an per Magensonde ernährt werden. Auf „Elai bloggt“ zeigen seine Eltern, wie die Welt aus Sicht ihres Sohnes aussieht und wie es sich mit der enteralen Ernährung lebt.
Baby mit Sonde
Foto: picture alliance/Phanie

Jede Milch, die Elai als Baby bekommt, ist „hand-crafted“. Das heißt, sie wird von den Eltern jeden Tag frisch angerührt – und zwar aus einem speziellen Milchpulver. Anschließend bekommt er die Milch nicht im Fläschchen serviert, sondern sie wird ihm über eine Nahrungspumpe direkt in den Darm verabreicht. Warum? Elai hat von Geburt an eine Lücke in seiner Speiseröhre. Vom Mund kann also nichts in den Magen gelangen – weder Nahrung noch Speichel. Mediziner nennen diese Fehlbildung auch eine Ösophagusatresie. Das Doofe an der Sache mit dem Milchpulver: In der angerührten Flüssigkeit bleiben oft kleine „Knübbelchen“ zurück und die, beschwert sich Elai in seinem Blog mit dem Untertitel „Mein Leben, meine Krankheit“, verstopfen die Nahrungspumpe.

Natürlich kann der kleine Junge ein paar Monate nach seiner Geburt noch nicht sprechen, geschweige denn schreiben. Was Elai auf seinem Blog über sich erzählt, wird daher liebevoll von seinen Eltern antizipiert. Als nach der Geburt bei Elai Ösophagusatresie diagnostiziert wird, waren die beiden nicht nur geschockt, sondern auch vollkommen hilf- und orientierungslos. Elais Krankheit zu googlen, machte die Sache nicht besser. Die beiden lasen von dauerhafter Sondenernährung, von Reflux, Lungenentzündungen und möglichen weiteren Fehlbildungen am Skelett oder Herzen. Dann fiel auch noch der Begriff Fundoplicatio, eine durchaus komplizierte Anti-Reflux-Operation. Je mehr sich Elais Vater und Mutter informierten, desto unsicherer fühlten sie sich.

Was ist Ösophagusatresie?

Die Ösophagusatresie (Ösophagus „Speiseröhre“; Atresie „Fehlbildung“) ist eine Fehlbildung der Speiseröhre. Für gewöhnlich entwickelt diese sich ab der dritten oder vierten Schwangerschaftswoche. Kommt ein Kind mit einer Ösophagusatresie zur Welt, hat seine Speiseröhre entweder keine Verbindung zum Magen und mündet in die Luftröhre, oder sie hat eine so starke Verengung (Stenose), dass keine Nahrung durch sie hindurchpasst. Warum genau die Fehlbildung im Mutterleib entsteht, ist unklar.

Nach der Geburt äußert sich eine Ösophagusatresie meist in einem verstärkten Speichelfluss. Außerdem bekommt das Neugeborene nur schwer Luft und hustet viel. Versuchen die Eltern, es zu füttern, gelangt die Nahrung in die Luftröhre und es kommt zu einer Zyanose, das heißt, seine Haut färbt sich blau.

Behandelt werden Ösophagusatresien in der Regel mit einer Operation. Welche Methode die richtige ist, hängt davon ab, wie weit der obere Speiseröhrenanteil vom unteren entfernt ist. Bei geringem Abstand können die Ösophagus-Anteile meist wieder miteinander verbunden werden. Ist der Abstand zu groß, muss die Speiseröhre über mehrere Tage oder Wochen hinweg verlängert werden oder das fehlende Stück wird durch Magen- oder Darmanteile ersetzt. Innerhalb der ersten Woche nach der Operation wird das Kind über eine Magensonde ernährt. Ist die Speiseröhre verheilt, bekommt es die Nahrung über den Mund.

Viele Kinder mit Ösophagusatresie haben dazu noch eine sogenannte tracheo-ösophageale Fistel, eine Verbindung zwischen Luft- und Speiseröhre. Ist das der Fall, muss diese operativ durchtrennt oder verschlossen werden. Denn durch die Fistel gelangen Speichel, Nahrung oder Magensaft leicht in die Lunge oder den Magen. Betroffene Kinder haben daher oft schwere Atemprobleme oder einen unangenehm aufgeblähten Bauch. Fehlbildungen von Wirbelsäule, Magen-Darm-Trakt, Herz oder Niere sind ebenfalls nicht selten.

In Deutschland kommt etwa eines von 2.500 bis 4.000 Kindern mit einer Ösophagusatresie zur Welt. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen. Wird die Fehlbildung rechtzeitig erkannt, sind die Überlebenschancen sehr gut und liegen in der Regel bei deutlich über 90 Prozent.

Mehr Informationen zur Ösophagusatresie sowie Kontakt zu anderen betroffenen Familien bietet KEKS, eine Patienten- und Selbsthilfeorganisation für Kinder und Erwachsene mit kranker Speiseröhre.

Um anderen Betroffenen diese Verunsicherung zu ersparen, entschlossen sich Elais Eltern, im Namen ihres Sohnes über die Krankheit und das Leben mit ihr zu schreiben. In dem Blog geht es daher nicht nur um die Diagnose oder spezielle Fragen („Wie funktioniert eigentlich die Tracheostomapflege, also der Kanülenwechsel?“, „Was muss man beim Kostaufbau über die PEG-Sonde alles beachten?“), sondern auch um so schöne Dinge wie Elais ersten Ausflug in die Tropfsteinhöhle im oberbergischen Wiehl. Seine ältere Schwester geht an der Hand der Mutter, Elai wird von seinem Vater auf dem Arm getragen. Die Wände sind ganz nass, erinnert sich Elai und er darf alles anfassen. Ein paarmal fallen dem Zweijährigen auch Tropfen auf den Kopf. „Das war echt witzig“, sagt er.

Mittlerweile ist Elai fünf Jahre alt. Die Spalte in seiner Speiseröhre wurde inzwischen operativ geschlossen – und zwar mit einer elastisch-muskulösen Membran aus seinem Oberschenkel (Fascia lata). Die Narbe ist gut verheilt und es hat sich kein Granulationsgewebe gebildet. Das Problem: Nachdem Elais Speiseröhre endlich voll einsatzfähig war, stellten die Ärzte fest, dass er auch eine Larynxspalte hat, also eine Trennung zwischen Kehlkopf und Speiseröhre. Diese wurde inzwischen ebenfalls operativ verschlossen. Allerdings kam der Kehlkopf mit seinem Wachstum nicht ganz mit, weswegen Elai noch eine Kehlkopfvergrößerung braucht.

Das Tolle an dem Blog: Die Welt mit Elais Augen zu sehen, ist nicht nur für Betroffene eine Bereicherung. Die kindliche Unbefangenheit, die die Eltern seinen Worten geben, baut Ängste ab und hilft, kompliziertes Fachwissen zu verstehen.

Der Link zum Blog

https://elai-bloggt.de

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