Maden zur Behandlung chronischer Wunden einzusetzen, klingt natürlich eklig. Tatsächlich gehören die Tierchen, genauer gesagt die Larven der Fliege Lucilia sericata, in Form der sogenannten Madentherapie schon seit geraumer Zeit zu den klassischen Methoden der Wundmedizin.
Der Clou: Die Larven ernähren sich unter anderem von abgestorbenem Gewebe. Setzt man sie auf eine chronische Wunde – entweder in Gaze eingewickelt oder als sogenannte „Freiläufer“ –, sondern die Tierchen spezielle Verdauungssäfte ab, die das Gewebe verflüssigen. Dann heißt es nur noch: guten Appetit!
Selbst antibiotikaresistente Keime werden von den Maden verspeist
Der Vorteil der Madentherapie: Der Arzt kann die Larven direkt auf die Wunde applizieren. Versucht er dem nekrotischen Gewebe mithilfe von Antibiotika beizukommen, kann es hingegen passieren, dass die Medikamente gar nicht dahin gelangen, wo sie wirklich benötigt werden. Der Grund: Chronische Wunden, etwa beim diabetischen Fußsyndrom oder bei Druckgeschwüren, sind häufig schlecht durchblutet.
Wer hat’s erfunden?
Auf die Idee mit den Maden kam der französische Feldarzt Dominique-Jean Larrey zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Während der Napoleonischen Kriege stellte der Chirurg fest, dass verwundete Soldaten, die zwischen den Fronten liegen blieben, häufiger überlebten als diejenigen, die sofort ins Lazarett gebracht wurden. Für ihn war schnell klar: In den Wunden der unbehandelten Soldaten hatten sich Maden eingenistet – die fraßen offenbar viele Krankheitserreger und verhinderten so eine Blutvergiftung. Historiker gehen davon aus, dass schon die Mayas und Römer auf die Behandlung mit Maden (Madentherapie) vertrauten.

Eine weitere Möglichkeit, Wunden von abgestorbenem Gewebe zu reinigen, ist das (chirurgische) Abtragen. Eigentlich eine gute Methode, nur wird durch das Skalpell oft auch gesundes Gewebe geschädigt. Anders die Maden: Sie sind nämlich echte Feinschmecker, das heißt, ihr Gaumen unterscheidet sehr genau zwischen gesundem und abgestorbenem Gewebe. Zudem reinigen sie die Wunde auch von anderen Fremdkörpern – nicht nur von Bakterien, sondern auch von antibiotikaresistenten Keimen.
Heilungsprozess nicht schneller
Schneller heilen tut die Wunde mithilfe der Maden allerdings nicht – zumindest nicht im Vergleich zur Behandlung mit Hydrogel-Auflagen. Dies zeigt eine Studie der Universität York, die im Jahr 2009 im „British Medical Journal“ erschien. Die Larven – egal ob freilaufend oder im Gazebeutel – konnten die Wunden im Durchschnitt zwar schneller reinigen, der anschließende Heilungsprozess dauerte jedoch in etwa gleich lang.