
Das Ulcus cruris ist umgangssprachlich besser bekannt als „offenes Bein”. Betroffene leiden unter tiefen, meist nässenden Wunden im Bereich des Unterschenkels. Ursache ist keine äußerliche Verletzung, sondern eine dauerhaft mangelhafte Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen und Sauerstoff. Unbehandelt kann es schlimmstenfalls zur Amputation von abgestorbenen Gließdmaßen kommen.
Wie entsteht ein Ulcus cruris? (Ursachen)
In etwa drei Viertel aller Fälle entstehen Unterschenkelgeschwüre in Folge einer bestehenden Venenschwäche. Diese Form des offenen Beines wird als Ulcus cruris venosum bezeichnet. Dabei schaffen es die Venen nicht mehr, das Blut zurück zum Herzen zu transportieren. In der Folge staut es sich in den Beinen, der Druck in den Venen steigt und Flüssigkeit wird in das umliegende Gewebe gedrückt. Dort kommt es dann zu einer Mangeldurchblutung. So wird die Versorgung des Gewebes mit Nährstoffen und Sauerstoff immer schlechter. Weitere Folge: Die Haut ist anfälliger für Verletzungen und Infektionen. Bereits eine kleine Hautläsion kann sich so zu einem großflächigen Geschwür entwickeln.
Die andere, etwas seltenere Ursache für die Entstehung von Unterschenkelgeschwüren sind arterielle Durchblutungsstörungen. Diese Form bezeichnen Mediziner als Ulcus cruris arteriosum. Grunderkrankung des arteriellen Ulcus ist meist die Schaufensterkrankheit (periphere arterielle Verschlusskrankheit). Das ist eine sich schleichend entwickelnde Durchblutungsstörung, bei der der Blutfluss durch Kalkablagerungen (Plaques) an den Arterienwänden behindert wird.
Die zunehmende Verkalkung der Arterien führt ebenfalls zu einer Unterversorgung des Gewebes mit Sauerstoff und Nährstoffen. Diese verursacht zunehmende Schmerzen beim Gehen, oft so stark, dass Betroffene schon nach kurzen Strecken eine Pause einlegen müssen – wie bei einem Schaufensterbummel, daher der Name. In der Folge treten diese Schmerzen auch im Ruhezustand auf. Unbehandelt können die Arterien komplett verstopfen. Es droht eine Amputation der betroffenen Gliedmaßen.
Was sind die Anzeichen für ein Ulcus cruris? (Symptome)
Bei einer beginnenden Venenschwäche klagen Betroffene abends oft über schwere Beine und geschwollene Füße. Werden die Beine hochgelegt und entlastet, lindert dies die Beschwerden. Doch zunehmend bleibt ein Spannungsgefühl, das auch durch Entlastung nicht mehr verschwindet. Direkte Schmerzen empfinden die Betroffenen bei einer Venenschwäche selten. Allerdings verändert sich mit Voranschreiten der Erkrankung die Haut:
- verstärkte Pigmentierung der Haut in Form bräunlicher Flecken oder Weißfärbung der Haut (Atrophie blanche)
- spinnengewebsartige Gefäßzeichnungen (Corona phlebectatica) im Fußbereich
- glänzende, dünne Haut
- Verlust der Elastizität, erhöhte Verletzbarkeit der Haut
- Wassereinlagerungen (Ödeme)
- Haarausfall an der betroffenen Stelle
- gestörtes Nagelwachstum, verfärbte, auch brüchige Nägel
- spürbare Verhärtungen im betroffenen Bereich
- Krampfadern, Besenreißer
Bevor es zum offenen Geschwür kommt, entstehen an der betroffenen Stelle rötliche, schmerzhafte Verhärtungen. Ein Ulcus cruris venosum bildet sich meist im Knöchelbereich. Bei ausbleibender Behandlung kann sich die Wunde schnell in Richtung Unterschenkel vergrößern.
Eine arterielle Durchblutungsstörung beginnt zunächst ohne spürbare Beschwerden. Mit zunehmender Verkalkung der Arterien entwickeln sich immer mehr Krankheitszeichen, vor allem an Beinen und Füßen:
- blasse oder bläulich verfärbte Haut
- poröse, dünne, trockene Haut
- Haarausfall im Bereich der Unterschenkel
- Temperaturunterschiede (betroffenes Bein ist kühler)
- Muskelschwund im Bein
- gestörtes Nagelwachstum, verfärbte, auch brüchige Nägel
- starke Schmerzen
Das Ulcus cruris arteriosum ist das letzte Stadium der arteriellen Durchblutungsstörung. Oft kann bereits eine Bagatellverletzung zu einer chronischen Wunde führen, weil die Wundheilung infolge der Mangelversorgung beeinträchtigt ist. Ein arterielles Beingeschwür entsteht – entgegen der Benennung – vorzugsweise an den Zehen oder an der Fußsohle.
Wie wird ein offenes Bein behandelt und versorgt? (Therapie)
Im Falle der Venenschwäche muss eine angepasste Kompressionstherapie mit Kurzzugbinden oder medizinischen Kompressionsstrümpfen eingeleitet werden. Regelmäßige Bewegung ist unabdingbar. Durch die Kombination von Kompression und Muskelarbeit kann das Grundproblem – zu viel Blut in den Beinen – behoben werden.
Bei einer arteriellen Verschlusskrankheit ist die Kompressionstherapie nicht geeignet, sie kann sogar zu weiteren Schäden führen. Stattdessen werden blutverdünnende Medikamente gegeben, um die Fließfähigkeit des Blutes zu verbessern. Gegebenenfalls müssen operativ die Arterien geweitet werden. Auch Bewegung ist wichtig. Um die damit verbundenen Schmerzen – gerade zu Beginn der Therapie – zu mindern, ist meist eine Schmerztherapie angezeigt.
Eine Therapie in Eigenregie, mit Salben oder Cremes, kann die Wunde verschlimmern und die Heilung verzögern. Enthaltene Farb- und Zusatzstoffe der verwendeten Produkte können allergische Reaktionen oder Unverträglichkeiten auslösen, was die Infektionsgefahr zusätzlich erhöht.
Die richtige Behandlung des Ulcus cruris legt der behandelnde Fach- oder Hausarzt fest. Die konkrete Therapieplanung und Versorgung erfolgt unbedingt fachgerecht entweder durch einen Arzt oder in einem Wundzentrum. Die Versorgung zu Hause kann im Anschluss eine ausgebildete Wundschwester übernehmen.
Die Häufigkeit der Verbandswechsel hängt von der individuellen Situation des Betroffenen sowie von der Wundheilungsphase ab. Grundsätzlich wird der Verband so oft wie nötig, aber so selten wie möglich erneuert. Außerdem sollte die Wunde in einem feuchten Milieu gehalten werden. Die einzelnen Schritte des Verbandswechsels sind:
- Entfernen des alten Verbandes,
- Reinigung der Wunde durch Spülungen mit steriler Kochsalzlösung (Wundspülung), danach Entfernen von Belägen und nekrotischem Gewebe durch den Arzt,
- Abdecken der Wunde mit einer speziellen Wundauflage, unter der die Wunde feucht gehalten wird (Hydrokolloide, Hydrogele oder Polyurethanschaum). Im Gegensatz zu trockenen Kompressen verklebt dieses Material nicht mit der Wunde, beim Wechsel wird neues Gewebe nicht abgerissen.
- Kompressionsverband nur bei venöser Ursache!
Antibiotika werden nur im Falle einer infizierten Wunde verabreicht. Die Wundheilung kann durch regelmäßige Bewegung zusätzlich gefördert werden. Von einer Ruhigstellung des Beins wird abgeraten.
Welche Maßnahmen kann ich zum Vorbeugen ergreifen? (Prävention)
Hier die wichtigsten Tipps, um einem Ulcus cruris vorzubeugen:
- Therapie der Grunderkrankung: Lassen Sie eine Venenschwäche oder etwaige Durchblutungsstörungen unbedingt zeitnah von einem Arzt behandeln.
- Minimieren der Risikofaktoren: Achten Sie darauf, Ihre Gefäße nicht unnötig zu belasten. Etwa durch Rauchen, Übergewicht, ungesunde Ernährung und zu wenig Bewegung. Gleichen Sie Tätigkeiten, bei denen Sie viel sitzen oder lange stehen müssen, durch Sport oder Spaziergänge aus. Das Motto ist: „Lieber laufen und liegen statt stehen und sitzen“.
- Warnsignale erkennen: Inspizieren Sie täglich Ihre Beine und Füße auf Hautveränderungen und Verletzungen. Kontaktieren Sie bei Auffälligkeiten sofort Ihren Arzt.
- Pflege: Trockene Haut verursacht Juckreiz. Verwenden Sie feuchtigkeitsspendende Cremes oder Lotion, um die Haut geschmeidig zu halten. Tragen Sie geeignetes Schuhwerk, das die Füße nicht einengt und so Druckstellen provoziert.